Toeplitz Kolloquium Sommersemester 2018

Kolloquium zur "Didaktik und Geschichte der Mathematik"

Date: April 16 - July 2, 2018

Venue: Mathematik-Zentrum, Lipschitz Lecture Hall, Endenicher Allee 60, Bonn

Organizer: Stephan Berendonk, Rainer Kaenders und Walter Purkert

Monday, April 16

16:00 - 16:30 Coffee break
16:30 - 18:00 Tilman Sauer (Mainz): Warum die Kettenlinie keine Parabel ist

Monday, July 2

16:00 - 16:30 Coffee break
16:30 - 18:00 Johan Deprez (Löwen): Mathematics in biomedical sciences. Discrete and continuous

Abstracts:

Tilman Sauer (Mainz): Warum die Kettenlinie keine Parabel ist

Die Bestimmung der Form einer hängenden Kette ist ein klassisches Beispiel für die Leistungsfähigkeit des Kalküls der Differentialrechnung seit das Problem von Jakob Bernoulli als Aufgabe 1690 gestellt und von Christiaan Huygens, Gottfried Wilhelm Leibniz und Johann Bernoulli ein Jahr später behandelt und gelöst wurde. Aber bereits vorher wurde die Frage, ob die hängende Kette eine Parabel darstellt von Galilei und anderen untersucht, und dem jungen Huygens gelang bereits 1646 ein Beweis, dass die Kette keine Parabel darstellt, und zwar ironischerweise wiederum mit Mitteln der klassischen Kegelschnittlehre.

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Gert Schubring (Rio de Janeiro): Lehrerbildung als Kern der preußischen Hochschulreform - die Mathematik in Bonn seit 1818

Wie die Universitätshistoriographie seit den 1970ern gezeigt hat, waren Universitäten nicht schon immer auch Orte der Forschung, sondern erst seit dem 19. Jahrhundert – und dies auch nicht allgemein in Europa oder etwa in Deutschland, sondern zunächst nur in Preußen. Es war die Etablierung des research imperative (R. S. Turner) als Teil der Humboldtschen Bildungsreformen, die diese Innovation initiierte. Und in der Universität war es die Philosophische Fakultät, die diesen research imperative in paradigmatischer Weise realisierte: durch ihre Umformung von einer allgemeinbildenden Funktion zu einer berufsqualifizierenden – also analog zur von den anderen Fakultäten schon immer praktizierten Funktion.

Aber für welchen Beruf qualifizierend? Es ist praktisch nicht bewußt, dass es der Lehrerberuf war: der Beruf des wissenschaftlich ausgebildeten Gymnasiallehrers. Und die zweite für die Mathematik wesentliche – aber gleichfalls nicht allgemein bekannte - Innovation war, dass mit diesen Reformen in Preußen auch erstmals der Beruf des Mathematiklehrers begründet wurde.

Der Vortrag wird darstellen, wie diese Umformungsprozesse an der Bonner Neugründung erfolgt sind. In der Tat ist die Entwicklung zunächst in einer komplizierteren Weise verlaufen. Der erste für reine Mathematik berufene Professor, Wilhelm Diesterweg, repräsentierte noch den früheren Typ, den eines Elementarmathematikers. Und für mehrere Jahrzehnte stand die Mathematik im Schatten der Naturwissenschaften, denn Bonn war das Zentrum für Lehrerbildung dieser Fächer für Preußen. Und die zweite Professur, für angewandte Mathematik, wurde zur Bonner Spezialität: für Astronomie.

Der Vortrag wird die strukturelle Entwicklung bis zum 20. Jahrhundert analysieren, mit einem Ausblick auf die 1960er Jahre.

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Wolfgang Riemer (Köln): Beurteilende Statistik - ein "didaktischer Dauerbrenner" in der Schule

Hypothesentests und Konfidenzintervalle gelten als schwierig. Vielfach werden diese Themen rezeptartig „vermittelt“. Dass Abiturvorbereitung auch anders geht, zeigt der Referent in einem Experimentalvortrag anhand authentischer Beispiele zum „Mitmachen und im eigenen Unterricht ausprobieren“. Seien Sie gespannt auf einen Vortrag, der „Lust macht auf Statistik“ und auch für Lehrerinnen und Lehrer der Sekundarstufe 1 einiges zu bieten hat.

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Johan Deprez (Löwen): Mathematics in biomedical sciences. Discrete and continuous

Mathematics is both the queen and servant of the sciences. In this talk we focus on this second role of mathematics, where mathematics provides models for phenomena in other domains, more specifically: in biomedical sciences. We discuss various mathematical models for time-dependant concentration of medical substances in the human body. On the run, we discuss some thoughts on discrete versus continuous mathematical models. 

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