Danica Kosanović und Vera Traub erhalten den Hausdorff-Gedächtnispreis
Bonn, 27.01.2021. Wie jedes Jahr zeichnet die Fachgruppe Mathematik die beste Dissertation im Fach Mathematik mit dem Hausdorff-Gedächtnispreis aus. Der großen Anzahl hervorragender Nominierungen aus unterschiedlichsten Disziplinen der Mathematik Rechnung tragend, kam die Jury zu der einstimmigen Entscheidung, den Hausdorff-Gedächtnispreis des akademischen Jahres 2019/2020 gleich zweimal zu vergeben: an Danica Kosanović und Vera Traub. Die - aufgrund der Corona-Pandemie in diesem Jahr nur virtuell stattfindende - Ehrung am 27. Januar nahm Johannes Beck, Dekan der Mathematisch-Naturwissenschaftlichen Fakultät der Universität Bonn, vor.
Danica Kosanović hat in ihrer Dissertation auf spektakuläre Weise eine 30 Jahre alte offene Vermutung über Invarianten klassischer Knoten, also Einbettungen eines Kreises in den dreidimensionalen euklidischen Raum, gelöst. Der Klassifikation solcher Knoten wird in der Topologie seit langem nachgegangen, dabei gibt es Zugänge aus ganz verschiedenen Teilen der Mathematik. Zwei Knoten können sehr unterschiedlich aussehen und trotzdem aus topologischer Sicht "gleich" sein, in dem Sinne, dass sie durch eine stetige Verformung ineinander überführt werden können. Folglich kann es schwierig sein, direkt nachzuweisen, dass zwei Knoten nicht gleich sind. Daher wählt man einen indirekten Weg und sucht nach sogenannten Knoteninvarianten. Danica Kosanović zeigt in ihrer Arbeit, dass sich die klassischen von Vassiliev und Kontsevich eingeführten Konteninvarianten in wichtigen Fallen als universell herausstellen. Die Dissertation besticht durch beeindruckende Methodenvielfalt, technische Virtuosität und exzellente Darstellung. Betreut wurde die Arbeit von Peter Teichner vom Max-Planck-Institut für Mathematik in Bonn.
Vera Traub hat in ihrer Dissertation wichtige Durchbrüche bei offenen Fragen des sogenannten Traveling Salesman Problems (TSP, "Problem des Handlungsreisenden") erzielt, dem prominentesten Problem der kombinatorischen Optimierung. Dieses Problem ist weltberühmt und wurde erstmals im Jahr 1930 formuliert: Gegeben sind ein Anfangs- und ein Endpunkt und weitere Punkte, die unterwegs besucht werden sollen. Ziel ist es, die kürzeste Tour durch all diese Punkte zu finden, indem man die Reihenfolge der zu besuchenden Punkte optimiert. Vera Traub hat bessere Approximationsalgorithmen gefunden, also effiziente Algorithmen, die garantiert eine gute Lösung finden. Im asymmetrischen Fall (also mit “Einbahnstraßen") konnte sie erstmals zeigen, dass die Ganzzahligkeitslücke konstant ist; diese gibt an, wie gut eine klassische, schnell berechenbare Abschätzung ist. Im symmetrischen Fall konnte sie die Ganzzahligkeitslücke überraschenderweise sogar unterbieten; zudem zeigt sie, wie man das Problem auf den Fall reduzieren kann, dass Anfangs- und Endpunkt übereinstimmen. Vera Traub hat in ihrer Dissertation eine Vielzahl neuer Techniken und Methoden eingeführt, die nicht nur auf das TSP sondern in weiten Teilen der kombinatorischen Optimierung angewendet werden können. Die Bedeutung dieser Dissertation geht damit weit über das TSP hinaus. Betreut wurde die Arbeit von Jens Vygen vom Forschungsinstitut für Diskrete Mathematik in Bonn.
Der Hausdorff-Gedächtnispreis wird zu Ehren von Felix Hausdorff jedes Jahr rund um dessen Todestag, den 26. Januar, im Rahmen des Hausdorff-Kolloquiums vergeben. Vorschlagsrecht haben die Professor*innen und Privatdozent*innen. Die Entscheidung liegt bei einer von der Fachgruppe Mathematik einzusetzenden Jury. Der Preis besteht aus einem Preisgeld in Höhe von 500 Euro und einem Buchpreis.
Zudem ehrt die „Bonner Mathematische Gesellschaft“ die besten Bachelorarbeiten im Fach Mathematik mit 250 Euro. Im Akademischen Jahr 2019/2020 wurden die folgenden Bachelorabsolvent*innen ausgezeichnet:
- David Aretz, "The noncommutative geometry of symplectic singularities",
Betreuer: Christian Blohmann - Elena Demattè, "Spectral Theorem for Bounded Self-adjoint Operators",
Betreuer: Juan Velázquez - Nicolai Gerber, “Anderson Localization: Fractional Moment Method and Critical Disorder”,
Betreuerin: Margherita Disertori - Branko Juran, "Orbifolds and Orbispaces",
Betreuer: Stefan Schwede - Anton Ullrich, "Starke isoperimetrische Ungleichung",
Betreuer: Herbert Koch
